Begrüßung der Organisatoren

Liebe Hamburger und Hamburgerinnen, sehr geehrte Gäste des EUROPÄISCHEN TAGS DER JÜDISCHEN KULTUR 2011,

zum dritten Mal findet in diesem Jahr der EuropäischeTag der Jüdischen Kultur in Hamburg statt. Wir heißen aller Besucher und Besucherinnen der Veranstaltungen herzlich willkommen und bedanken uns ausdrücklich bei unseren Förderern und den vielen Institutionen, die dieses Festival durch ihre Unterstützung erst möglich gemacht haben. Ein besondere Dank gilt unseren diesjährigen Kooperationspartnern, dem Institut für die Geschichte der deutschen Juden, der Deutsch-Israelischen Gesellschaft Hamburg, der Gesellschaft für Christlich-Jüdische Zusammenarbeit Hamburg, dem hamburgmuseum, der Gedenk- und Bildungsstätte Israelitische Töchterschule, die das Festivalprogramm durch ihre Beiträge bereichert haben.

Der Europäische Tag der Jüdischen Kultur steht in diesem Jahr europaweit unter dem Motto
Zukunftsperspektiven“. Dieses Motto ist für uns Hamburger Organisatoren vom „Kunsthaus Finkels“ ein besonderer Glücksfall, denn er formuliert die Absicht, mit der wir uns diesem Festival verschrieben haben: Ein Forum zu sein für die Zukunft der jüdischen Communities in Deutschland. In der  deutschen Mehrheitsgesellschaft wird das Judentum nahezu ausschließlich als monolithische orthodoxe religiöse Gemeinschaft wahrgenommen. Das Gegenteil ist der Fall. Judentum ist nicht „nur“ eine Religion, und diese Religion teilt sich traditionell in die unterschiedlichsten Strömungen, die besonders seit den Neunzigerjahren in Deutschland wieder neu gegründet werden. Gleichzeitig besteht die jüdische Community in Deutschland aus Gruppen unterschiedlichster Herkunftsländer, mit ihren jeweils eigenen Bedürfnisse und eigenen Ansichten zu dem was „Judentum“ bedeutet. Jenseits des religiösen Lebens existiert seit jeher ein breit gefächertes kulturelles jüdisches Leben. In den Bereichen Philosophie, Literatur, Musik und Wissenschaft gehörten viele Werke zum deutschen (und europäischen) Bildungskanon.

Um diese Kultur des Judentums jenseits der Religiosität in ihrer Vielfältigkeit der Öffentlichkeit wieder vorzustellen, finden Sie in unserem Programm zwei hochkarätig besetzte Podiumsdiskussionen zum Thema, zum einen „Jüdisches Leben in Deutschland - Zukunftsperspektiven“ und dann speziell zum Thema „Frauen im Judentum – vergessene Traditionen und neuer Aufbruch?“. Wir werden diskutieren über die Standortbestimmung sowie die Ideen und Visionen zu unserer Zukunft in der offenen deutschen Gesellschaft.

„Ein deutsches Judentum gibt es nicht mehr, das hat '33 aufgehört zu existieren. Andererseits besteht die Chance durch die Zuwanderung der Juden ... aus Russland, dass ein neues deutsches Judentum entsteht...“(Julius H. Schoeps).

„Das Deutsche Judentum 2 sind wir, die Russen.““ Eine These von Dmitrij Belkin.

Um die Vielfältigkeit jüdischen Lebens nicht nur theoretisch zu präsentieren, haben wir für unsere Eröffnungs-Gala einen ganz besonderen Stargast eingeladen: Den afroamerikanisch-jüdischen Kantor Joshua Nelson, der die jüdische Liturgie, mit der er aufgewachsen ist, verschmolzen hat mit der afrikanischen Tradition des Gospel, des Gesangs mit „Heart and Soul“ als Ausdruck religiöser Gefühle. Nelson, in den USA bereits ein Star und mit dem Ehrentitel „Prince of Kosher Gospel“ bedacht, wird am Sonntag, dem 4.9.2011 sicher auch das Hamburger Publikum im Sturm erobern. Wir wünschen Ihnen bei diesem besonderen Erlebnis viel Vergnügen!

peter zamory - jüdischer kulturverein e.v. yohana hirschfeld - europäsicher tag der jüdischen kultur

Peter Zamory
Vorsitzender des Kunsthaus Finkels,
Juüdischer Kulturverein e.V.

Yohana Hirschfeld
Künstlerische Leitung des Kunsthaus Finkels,
Jüdischer Kulturverein e.V.

Unser Eröffnungskonzert: Joshua Nelson – Der „Prince of Kosher Gospel“

Kulturelle Traditionen wandeln sich nur sehr langsam, über Generationen, machmal über Jahrhunderte. Aber es gibt Momente in der Geschichte, in denen etwas völlig Neues und Unerwartetes aus der Mitte einer Tradition entsteht – kraftvoll in seinem Ausdruck und zugleich zutiefst den inneren Werten seiner Tradition verhaftet. Vielleicht haben Sie bis zu diesem Tag noch nie zuvor den Begriff „Kosher Gospel“ gehört – aber das Erlebnis der mitreißenden Performance eines Joshua Nelson, des Schöpfers dieses neuen Stils, wird Sie direkt erreichen in seinem unübertroffenen Ausdruck von „Heart and Soul“, des Vortrags „mit ganzer Seele“.

joshua nelson

„Kosher Gospel“ ist die Paarung der traditionellen jüdischen Liturgie mit den gefühlsstarken Vokalsolos der afroamerikanischen Gospelgesänge. Während das Wort „Gospel“, griechisch für „gute Neuigkeiten“, üblicherweise mit den afroamerikanisch-christlichem Ritus assoziiert wird, liegen die Wurzeln dieses Stils tatsächlich in Westafrika. Es waren die traditionellen Gesänge verschiedener afrikanischer Stämme, die, nach der Verschleppung in die Sklaverei, sich mit ihrem Gesang einen Freiraum aus der alltäglichen Ausbeutung schufen. Es gab verschiedene Varianten dieser Gesänge: Den Spiritual, die Meter Hymns, die Jubilee Songs und die Gospel Music. Alle Varianten wurden schließlich unter dem Begriff „Gospel Music“ zusammengefasst. Diese afrikanischen Rhythmen entstanden lange vor der Christianisierung der westafrikanischen Völker. Und eben diese westafrikanischen Rhythmen fanden Eingang in die kultische Musik sowohl der schwarzafrikanischen Muslime in den USA, als auch der Juden. Die charakteristische Vortragsweise des Gospel, die in einer stark emotionalen Darbietung des Vokalsolos (Heart and Soul= mit ganzer Seele) und generell in der Betonung des Gesangsparts liegt, wurde in den Black Hebrew Synagogues der USA zu einem festen Bestandteil des Ritus. In eine dieser Synagogen wurde Joshua Nelson hineingeboren, Sohn einer Familie orthodoxer Juden, die Ihre Abstammung bis in den Senegal zurückverfolgen konnten.

Im Alter von acht Jahren entdeckte Joshua Nelson eine Aufnahme von Mahalia Jackson, der Queen of Gospel, in der Plattensammlung seiner Großeltern. Er verliebte sich sofort in ihren Gesangsstil. Als Teenager und junger Erwachsener wurde er über die Grenzen seiner Heimatstadt Brooklyn berühmt als musikalischer Erbe von Mahalia Jackson. Da er aber traditionell jüdisch erzogen worden war, zog er ein Studium des Judentums der Gesangskarriere vor und studierte zuerst in einem Kibbuz und College-Programm in Israel. Während des Studiums beschäftigte er sich besonders mit der Historie des Judentums und den Belegen dafür, dass die jüdische Gesetzeslehre und auch der Kultus im Laufe der Jahrhunderte immer wieder Elemente der sie umgebenden Gesellschaften aufgegriffen und in die Tradition integriert haben. Ein besonders offensichtlicher Aspekt dieser Praxis ist der Umstand, dass jede Art von ethnischer Küche jüdische Küche sein kann, so lange sie koscher hergestellt wird.

Nach seiner Rückkehr aus Israel begann Nelson damit, seine an der Hebrew University of Jerusalem gewonnene Erkenntnis einer Jahrhunderte alten Praxis der Integration neuer Elemente in die jüdische Tradition auf sein Fachgebiet, den liturgischen Gesang, anzuwenden.

Er schuf eine „Revolution in der Jüdischen Musik“, in dem er die Jüdische Liturgie und die indigene Musikweisen der afroamerikanischen Kulturen miteinander verband. Damit war der „Kosher Gospel“ geboren.

Für Joshua Nelson ist der „Kosher Gospel“ ein Weg, wesentliche kulturelle Elemente seiner eigenen Wurzeln als Schwarzer Jude zu verbinden. Für sein Publikum, ob jüdisch oder nicht, ob religiös oder säkular, ob schwarz oder weiß, wurde der Kosher Gospel eine umfassende neue Erfahrung. Nelson ist jetzt Anfang Dreißig und hat auf seinen Konzerttouren die ganze Welt besucht, vor Präsidenten, in Synagogen, auf Musikfestivals – und auch in Oprah Winfrey- Show, die ihn als „The next big thing“ bezeichnet. Zu seinen Veröffentlichungen gehört ein herausragendes Album „Mi Chamocha“ (Hebräisches Lied: Wer ist wie Du {Ewiger}?) mit Gaststars von Aretha Franklin bis zu den Klezmatics. Für den Dokumentarfilm „Keep on Walking“ stand er als „er selbst“ vor der Kamera. Neben seinen Auftritten besucht er sowohl als „Artist in Residence“ Jüdische Gemeinden in den Vereinigten Staaten und unterrichtet, als auch seine Heimat-Synagoge „Tempel Sharey Tefilo-Israel“, einer Gemeinde der Reform Strömung in South Orange, New Jersey, wo er seit 15 Jahren Hebräischlehrer fungiert.

Bei welcher Gelegenheit auch immer, Joshua Nelson, der „Prince of Kosher Gospel“ bringt Menschen unterschiedlicher Hintergründe und Kulturen zusammen – durch seine Musik.

obama nelson

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